Akademie-Kracher 2016

Was die Darbietung eines Kunstwerks mit Produktneueinführung zu tun hat

Hempt,Paul_Fluidum2016b

 Arts

Auf dem diesjährigen Rundgang der Düsseldorfer Kunstakademie wird der Besucher mit einer großen Menge Kunstwerken auf mehreren Etagen konfrontiert. Das Einzelne kann schnell untergehen, wenn man von einer Besuchszeit von zwei Stunden ausgeht. Eine Stichprobenbefragung der Besucher nach dem Kunstwerk, das am besten in Erinnerung geblieben ist und beeindruckt hat, gab es in diesem Jahr eine erstaunliche Übereinstimmung. Genannt wurde „Fluidum“ von Paul Hempt aus der Gurskyklasse.

Seine Installation ist unüberhörbar. Wie Glockengeläut begleitet den Flaneur auf der ersten Etage der Akademie ein Gitarrenakkord. Dieser erfüllt mit gemächlichem Nahen, beinahe ehrwürdigen Klingen und Verwehen den langen und hohen Flur. In ihm tummeln sich Hunderte Schaulustige, drängen vor- und rückwärts, schieben sich in die Klassenräume und aus ihnen heraus; in allen Stimmlagen und laut wird diskutiert und gelacht. Überlagert und durchdrungen wird diese Hektik von einem zunächst unbestimmten Klang, etwa alle dreißig Sekunden sich erneuernd, ein gelassener Bariton. Ein akustisches Fluidum umfließt die Menschen, entzieht denen, die es wahrnehmen, für einen Moment die Unruhe. Wer dann unter der am Westende des Flurs an der Decke hängenden Installation steht, starrt hinauf, wie zu einem Ufo. Sie selbst ist eine visuell einfache technische Konstruktion: An einer Schiene entlang wird eine E-Gitarre mehrere Meter gleichmäßig bewegt und dann abrupt gebremst; alle Saiten schwingen, ein Tonabnehmer überträgt die Töne zum Lautsprecher.

Und das Spiel beginnt von Neuem.

Meet

Paul Hempts Installation regte uns zu Gedanken über Produkteinführungen in gesättigten Märkten an.

Business

Wenn ein neues Produkt auf den Markt kommt, ist es in den meisten Fällen eine Variante dessen, was schon unzählige Male im Angebot ist. Der Markt ist gesättigt. Das Produkt findet in der Regel seinen Platz in langen Regalen zwischen Produkten von Mitbewerbern. Es ist eines unter Vielen.

Durch Werbung wird versucht, ein gewisses Maß an Aufmerksamkeit zu erzeugen, was mit entsprechendem Aufwand auch gelingen kann.

Wann erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, es zum Kracher werden zu lassen, wie die Installation von Paul Hempt?

  1. Es müsste mit Getöse auf sich aufmerksam machen und unüberhörbar sein.
  2. Als Musterunterbrechung nutzte es eine Aufmerksamkeitsspanne von ca. 30 Sekunden, um zum Innehalten einzuladen und sich einzuprägen.
  3. Durch seine originelle Darbietung stäche es heraus.
  4. Die Anregung mehrerer Sinne schärfte das Erinnerungsvermögen.
  5. Das Produkt bekäme eine Sonderplatzierung bei den Händlern.
  6. Es lüde ein, über die Darbietung und dessen Wirkung zu sprechen.

Es würde zum Kracher, so wie die Installation von Paul Hempt, die noch bis Sonntag Abend in der Kunstakademie zu sehen und hören ist. Zu finden ist sie leicht:

Immer dem ungewöhnlichen Sound nach.

Paul Hempt, Fluidum, 2016 (Film: llkjaer0)